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Impuls zum 22. September 2024

Zum 25. Sonntag im Jahreskreis

Von Odilo Metzler, Stuttgart, pax christi-Bundesvorstand

Woher kommen die Kriege bei euch?

1. Lesung: Weish 2,1a.12.17-20  
Der Gerechte steht unserem Tun im Wege

2. Lesung: Jak 3,16-4,3
Ihr führt Krieg und erreicht nichts
Schwestern und Brüder!
[3,13-15 Wer von euch ist weise und verständig? Er soll in weiser Bescheidenheit die Taten eines rechtschaffenen Lebens vorweisen. Wenn ihr aber bittere Eifersucht und Streitsucht in eurem Herzen tragt, dann prahlt nicht und verfälscht nicht die Wahrheit! Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern eine irdische, weltliche, teuflische Weisheit.]
Wo Eifersucht und Streit herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art. Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedfertig, freundlich, gehorsam, reich an Erbarmen und guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht. Die Frucht der Gerechtigkeit wird in Frieden für die gesät, die Frieden schaffen.
Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten? Etwa nicht von den Leidenschaften, die in euren Gliedern streiten? Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Leidenschaften zu verschwenden.

Evangelium: Mk 9,30-37
Wer ist der Größte?
In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er belehrte seine Jünger und sagte zu ihnen:
Der Menschensohn wird in die Hände von Menschen ausgeliefert und sie werden ihn töten;
doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Aber sie verstanden das Wort nicht, fürchteten sich jedoch, ihn zu fragen.
Sie kamen nach Kafárnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr auf dem Weg gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten auf dem Weg miteinander darüber gesprochen, wer der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein.
Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf; und wer mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.

Gedanken zu den Lesungen 
Wer ist der oder die Größte, Beste, Fitteste, Schlauste? Der Rangstreit unter den Jüngern im Markus-Evangelium, wirkt richtig aus dem Leben gegriffen. Es geht darum, wer die Sieger sind. Die Opfer werden ausgeblendet. Opfer ist auf Schulhöfen zum Schimpfwort geworden. Wie gnadenlos Gewinnen und Verlieren sein kann, zeigt sich, wenn Verlierer durchdrehen und selber Machtphantasien entwickeln bei Amokläufen oder Selbstmordattentaten.

Ist es wirklich so, dass Konkurrenz, Sieg und Niederlage das Leben bestimmt? Die Hirnforschung sagt, dass schon in der Architektur des Gehirns das Streben nach Gemeinschaft, Frieden und Harmonie angelegt sind. Nervensysteme im menschlichen Gehirn sorgen dafür, dass der Mensch sich wohl fühlt. Im Mittelhirn werden Botenstoffe ausgesandt, die uns Lebensfreude und Motivation schenken können. Diese lassen sich nicht dadurch aktivieren, dass ich einem anderen Leid und Schmerz zufüge, sondern beispielsweise durch ein warmes Bad oder ein leckeres Essen, aber auch durch soziale Akzeptanz, Zuwendung und Liebe. Was macht ein 18 Monate altes Kind, wenn es sieht, dass einem Erwachsenen etwas auf den Boden fällt? Es hilft. Es kommt, hebt den Gegenstand auf und gibt ihn dem Erwachsenen – ohne Erwartung einer Belohnung, ohne dass man es ihm sagt. Diese Fähigkeit zu altruistischem Verhalten haben Forscher am Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie herausgefunden.

Wie erklärt sich dann menschliche Gewalt? Auslöser für Aggressivität ist der Schmerz, nicht nur körperlicher Schmerz, sondern auch das Erlebnis sozialer Ausgrenzung und Demütigung. Die Schmerzzentren im Gehirn reagieren auch, wenn dem Partner Schmerzen zugefügt werden, das Gehirn fühlt sozusagen mit. Es kommt zu körperlichen Reaktionen, z.B. beschleunigtem Herzschlag. Wer die Schmerzgrenze verletzt, auch die soziale, löst Aggressivität aus. Er wird Gewalt ernten. So lässt sich erklären, dass viel destruktive Gewalt in Schulhöfen oder U-Bahnen aus sozialer Ausgrenzung oder fehlender Anerkennung oder familiärer Stabilität kommen. Daraus wird auch die Attraktivität rechtsextremer Haltungen oder religiöser Extremismus bei benachteiligten Gruppen erklärt.

Wir Menschen sind nicht einfach festgelegt. Wir haben die Fähigkeit zur Ausgrenzung anderer, zur Konkurrenz, die Fähigkeit, anderen körperliche und soziale Schmerzen zuzufügen, Verachtung, Demütigung bis zur Folter, zum Krieg. Wir haben auch ein biologisch angelegtes Bedürfnis nach Gemeinschaft und Fairness. Wir sind deshalb fähig, zu lernen. So wie wir kulturelle Errungenschaften haben wie Schrift, Sprache und Musik haben wir auch Errungenschaften wie Moral- und Rechtssysteme. Dazu zählen die Zehn Gebote wie die Erklärung der Menschenrechte. Dazu zählt auch die Haltung der Gewaltlosigkeit und der Weisheit, die im Markusevangelium und im Jakobusbrief angesprochen werden.

 „Woher kommen die Kriege bei euch, woher die Streitigkeiten“, heißt es im Jakobusbrief. „Doch nur vom Kampf der Leidenschaften in eurem Innern. Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in eurer Leidenschaft zu verschwenden.“

In dieser Haltung zerstören wir nicht nur andere, sondern auch uns selbst. Stattdessen wirbt der Jakobusbrief um unsere sozialen Fähigkeiten: Wer von euch ist weise und verständig? 

Übt weise Bescheidenheit, prahlt nicht und verfälscht nicht die Wahrheit! Die Weisheit von oben ist heilig, friedlich, freundlich, gehorsam, voll Erbarmen und reich an guten Früchten. Menschen, die Frieden stiften, ernten Gerechtigkeit. 

Das Wort Jesu an seine konkurrierenden Freundinnen und Freunde steht in Verbindung mit der Aussicht, dass er selbst Gewalt erleiden wird und dass sich in seiner Schwachheit göttliche Stärke zeigen kann. Nur in der Schwäche und der Stärke der Gewaltlosigkeit lässt sich Gewalt und die mit ihr verbundene Demütigung und Hass überwinden. Nur der ist wirklich ein Held, der bereit ist, zu dienen. Und wer ein Kind annimmt, nimmt Gott an. 

Das ist viel mehr als mit dem Finger auf die zu zeigen, die Gewalt üben oder rechtsextrem denken. Das ist die Weisheit Gottes, die den Ausweg aus Gewalt, Hass und Selbstbezogenheit zeigt und ihm traut. Weisheit von oben, ein Leben nicht unter verschlossenem, sondern unter offenem Himmel.

Gebet
Gott,
Wir wollen gesehen und anerkannt werden,
wir wollen groß sein und etwas zu sagen haben.
Dafür verbiegen wir uns manchmal selber.
Dabei hat uns Jesus gezeigt,
dass es der Weg der Liebe und des Dienens ist,
der uns zu Geschwistern macht und uns erfüllt.
Lass uns staunen wie Kinder, offen für Überraschungen,
offen für andere Menschen und ihre Größe.
Schenke uns die Weisheit, die uns
friedlich, freundlich und barmherzig sein lässt,
bereit, zu bitten und zu empfangen statt zu bestimmen.
Amen.

Ich setze auf die Liebe
Ich hab mir‘s überlegt:
Ich setze auf die Liebe
Das ist das Thema
Den Hass aus der Welt zu entfernen
Bis wir bereit sind zu lernen
Dass Macht Gewalt Rache und Sieg
Nichts anderes bedeuten als ewiger Krieg
Auf Erden und dann auf den Sternen
Ich setze auf die Liebe
Wenn Sturm mich in die Knie zwingt
Und Angst in meinen Schläfen buchstabiert
Ein dunkler Abend mir die Sinne trübt
Ein Freund im anderen Lager singt
Ein junger Mensch den Kopf verliert
Ein alter Mensch den Abschied übt
Ich setze auf die Liebe
Das ist das Thema
Den Hass aus der Welt zu vertreiben
Ihn immer neu zu beschreiben
Die einen sagen es läge am Geld
Die anderen sagen es wäre die Welt
Sie läg in den falschen Händen
Jeder weiß besser woran es liegt
Doch es hat noch niemand den Hass besiegt
Ohne ihn selbst zu beenden
Es kann mir sagen was er will
Es kann mir singen wie er’s meint
Und mir erklären was er muss
Und mir begründen wie er’s braucht
Ich setze auf die Liebe! Schluss!

Hanns Dieter Hüsch